Vorwurf: Rassismus! Joe Rogans Probleme werden größer

Liebe Freunde, Podcaster und Audioliebhaber,

letzte Woche hatten wir es schon prophezeit: Spotify‘s 100 Millionen Dollar Einkauf, der Podcast „The Joe Rogan Experience“, hat nicht nur ein Schwurbel- und Fake-News Problem. Jetzt wird auch klar, dass sich die Plattform damit wohl auch ein Rassismusproblem eingekauft hat. Oder zumindest ein Rassismusvorwurfsproblem. Kein schönes Wort, keine schöne Sache:

Im Moment kursiert auf verschiedenen Social Media Plattformen ein Video mit einem Zusammenschnitt von Joe Rogan, wie er bei seinen Podcast-Aufnahmen das N-Wort verwendet – und sich sehr offen rassistisch äußert: Unter anderem sagt er, dass er mal ins Kino gehen wollte um „Planet der Affen“ zu sehen, aber in der Gegend in der das Kino war, kam er sich dann vor als sei er bereits auf dem Planet der Affen. Als sei er in Afrika.

Das ist schon echt starker Tobak.

Jetzt gab es (nach dem „Sorry“ für die Corona- und Maskenschwurbeleien) erneut eine Entschuldigung von Joe Rogan – dieses Mal übrigens sehr gediegen vor einer Bücherwand. Anders als bei seiner vorherigen Stellungnahme wirkte er hier schon etwas ernster und übt sich in Rechtfertigung. Wie ernst er es hier meint, kann nur erraten werden, so richtig glaubwürdig klingt aber irgendwie anders. Auch der CEO von Spotify, Daniel Ek, sah sich recht schnell zu einer Stellungnahme an die Belegschaft veranlasst:

„Einige Äußerungen Joe Rogans sind unglaublich verletzend – Ich möchte klarstellen, dass diese nicht den Werten unseres Unternehmens entsprechen… Wir sollten klare Content-Richtlinien aufstellen, und agieren, wenn sie gebrochen werden. Aber wenn wir ihn mundtot machen, geraten wir auf eine schiefe Bahn“.

Daniel Ek merkt gerade, dass er in den USA erheblich unter Beschuss steht. Und nun rächt es sich, dass Spotify nie darüber nachgedacht hat, dass es auch für den Plattformbetreiber eng wird, oder ein schlechtes Bild in der Öffentlichkeit abgibt, alles mehr oder weniger unkontrolliert durchzuwinken. Gerade bei einem solchen Coup, wie einem Podcaster, für den man alle finanziellen Rekorde gebrochen hat.

Eine klare Entschuldigung oder inhaltliche Abgrenzung hätte man deutlicher formulieren können und vielleicht müssen, als es Daniel Ek getan hat. Die fast schon philosophische Grundfrage bleibt aber: Wieviel Verantwortung haben Plattformen für das, was auf ihnen verzapft wird? Wo hört freie Meinungsäußerung auf, und wo ganz genau fängt aber wirklich Hetze, Rassismus oder Schwurbelei an? Je genauer man hinschaut, umso weniger leicht ist die Antwort.

Aber vielleicht ist dies ja ein erster Schritt für Spotify sich über ethische und moralische Richtlinien Gedanken zu machen. Hoffen wir es, denn bei so vielen Hörern des Podcast und so vielen Dollars an Einnahmen darf man auch seine Zweifel anmelden.

Wobei Spotify durchaus reagiert hat. Über das letzte Wochenende hinweg wurden 113 Episoden von Joe Rogans Podcast aus dem Spotify-Katalog entfernt, wie wir hier auf JRE Missing lesen können. Mal sehen, ob es in den nächsten Tagen noch mehr werden.

Trevor Noah, Top-Comedian und inzwischen seinerseits millionenschwerer Host der US-Latenight „The Daily Show“ hat sich sehr ausführlich diesem Thema gewidmet und sehr genau analysiert, was Rogan gesagt und was er nicht gesagt hat. Er hat dessen Entschuldigung mit den Äußerungen in seinen Podcasts gegenübergestellt. Was man dazu wissen muss: Trevor Noah kommt aus Südafrika. Seine Familie und er selbst als Kind haben knallharten Rassismus und gewalttätige Apartheid am eigenen Leib erlebt. Deswegen ist seine Bewertung nochmal interessanter als die übliche Medienhysterie, wenn mal wieder jemand etwas falsches gesagt hat – oder gesagt haben soll.

Der Ausschnitt der Show ist sehenswert.

Die Diskussion in den USA hat sich deutlich gedreht und verschärft. Das Rassismus-Thema sorgt in Amerika traditionell für erhitzte Gemüter – viel heftiger als man sich das hier vielleicht vorstellen kann. Allein der Rassismus-Vorwurf hat schon manche Karriere jäh beendet. Es zeigt sich in der aktuellen Diskussion um Joe Rogan deutlich, dass Plattformanbieter sich gerade dort nicht unbedingt auf eine „neutrale“ Position des „nur“ Inhalteanbietens zurückziehen können – und es aus moralischer Sicht vielleicht auch nicht sollten. Das Mindeste wäre ein Wertekodex, für den man steht oder stehen will. Dann dürfen sich die Publisher, die mit der Grenze dieses Kodex flirten, wenigstens nicht wundern, wenn sie im Zweifel auch mal draußen bleiben müssen. Ein bisschen Haltung schadet auch angeblich so ganz neutralen Plattformen nichts.

Herzliche Grüße aus Berlin,
Martin Liss

Podcast News

Meinung zu Joe Rogan

Umfrage in Kanada und USA

Das kanadische Marktforschungsinstitut Signal Hill Insights war sehr schnell und hat die Meinung und Befindlichkeit zur aktuellen Joe Rogan Problematik abgefragt. In einer Online-Befragung von 1500 Kanadiern und 1500 US-Bürgern zeigen sich interessante Ergebnisse:

Während die Kanadier überwiegend der Ansicht sind, eine redaktionelle Kontrolle Spotifys sei wichtig, zeichnet sich in den USA ein eher polarisierendes Bild. Dort beruft man sich deutlicher – vor allem bei den Joe Rogan Hörern – auf das Recht zur freien Meinungsäußerung.

Hier geht´s zur Umfrage.

Podcast News

Podcasts mit Bitcoin bezahlen

Kuriose App von Fountain.fm

Die relativ kurze Geschichte von Bitcoin und Podcasting begann Ende 2020. Adam Curry und Dave Jones von „The Podcast Index“ haben das „Value-Tag“ für App-Entwickler für Podcasts verfügbar gemacht.

Der Zuhörer kann kleine Bitcoin-Zahlungen an den Podcaster senden, während er sie in Echtzeit zuhört. Sie können die Anzahl der sog. Sats festlegen (Bitcoin-Anteile), die sie jede Minute, in der sie zuhören, „zahlen“ möchten. Oder sie senden einen Boost (wie ein Trinkgeld für den Podcastproduzenten).

Jedem steht selbst offen, was er dabei zahlen möchte, denn ein Preis wird nicht festgelegt und der Podcast steckt auch nicht hinter einer Paywall.

Ein sehr ehrgeiziges und mutiges Projekt. Viele werden sich aber wahrscheinlich noch zurückhalten, da sich noch zu wenige an den Bitcoin heranwagen werden. Der Artikel und der Link zum Downloaden der App für Android und IOS hier.

Podcast der Woche

Pod steh uns bei

Politik, erklärbar gemacht

Das große Thema dieses Podcasts ist die Klimakrise in Bezug auf Politik und Wirtschaft. Die vier Hosts werden versuchen, aktuelle Themen aus diesem Bereich entsprechend für die Hörer einzuordnen und verständlich zu machen. „Politik erklären ohne Bullshit“, nennen sie es selbst in ihrem Trailer. Und wenn man weiß, wer diese vier Hosts sind, könnte es gelingen, oder auch sehr einseitig werden.

Dabei sind:

Tobias Krell, den viele als Checker Tobi von Kika kennen, die Klimaaktivistin Luisa Neubauer, Kommunikationsdramaturg Matthias Regel („betreutes Wahlkämpfen bei den Grünen“) und der Politikberater David Wortmann.

Letzte Woche ging es los mit diesem wöchentlichen Podcast. Ca.- 45 Minuten ist er lang und bei Apple gleich auf Platz 2 hochgeschossen.

Es ist ein Talk- und Diskussions-Podcast der vier Hosts. In dieser Folge sind drei Themen im Fokus: 60-Tage Ampel Bilanz, Klimaminister Habek und die EU-Taxonomie.

Die Themen sind gut gewählt und werden kritisch beleuchtet. An sich sind sich die Hosts relativ einig und versuchen vieles aus dem Koalitionsprogramm einzuordnen und zu erklären. Vor allem Luisa Neubauer ist sehr meinungsstark und bringt ihre Position gut auf den Punkt – und hat wahrscheinlich auch die meiste Redezeit von allen.

Die drei Herren sind allerdings stimmlich kaum auseinanderzuhalten. Tobi Krell scheint die Leitung der Diskussion innezuhaben. Aber man weiß letztendlich nicht, wem da welche Stimme zuzuordnen ist. Vielleicht braucht es etwas Zeit, sich da hineinzuhören.

Insgesamt hat dieser Podcast aber ein echtes Potential. Die aktuelle politische Lage aus der Sicht einer jungen Generation mitzuerleben, ist spannend. Ihre Sichtweise wird die zukünftige politische Entwicklung beeinflussen. Und hier zeigt sich, dass diese Generation auch ein Sprachrohr hat – und der Podcast noch etwas Luft nach oben hat.

Zu hören hier und dort, wo es Podcasts gibt.

podcast360

micha to go

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Unser Executive Producer Micha Fuchs präsentiert in diesem Podcast seine Sicht der Podcast Szene. Spannende und hilfreiche Talks mit Audio-Experten, Insights und Geheimtipps für den eigenen Podcast und immer wieder mit neuen Podcast-Empfehlungen. Kurz, knackig und immer passend „to go“.

Im Web

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Apple und Spotify

Die Podcast-Charts in Deutschland

Neues und Bekanntes in den TOP 5

Zum Stichtag 9. Februar 2022 liegen bei Apple folgende Podcasts auf den ersten 5 Plätzen:

  1. Lanz und Precht – Richard David Precht und Markus Lanz – ZDF
  2. Pod steh uns bei – Checker Tobi, Luisa Neubauer, und andere
  3. Endlich normale Leute – Ariana Baborie, Till Reiners
  4. Verbrechen – ZEIT online
  5. Verbrechen von Nebenan – True Crime aus der Nachbarschaft


Im Vergleich dazu hier die Abrufe von Spotify:

  1. Endlich normale Leute – Ariana Baborie, Till Reiners
  2. Gemischtes Hack – Felix Lobrecht / Tommi Schmitt
  3. Hobbylos – Rezo & Julien Bam
  4. Dick und Doof – laserluca und selfiesandra
  5. Fest und flauschig – Olli Schulz, Jan Böhmermann